Ernährung und Verhalten

Ernährung und Verhalten

Verhaltensprobleme spielen in der Hundehaltung eine große Rolle. So werden z.B. die meisten Hunde aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten wie beispielsweise Zerstörungswut, Angst- oder Aggressionsverhalten ins Tierheim abgegeben. Hundehalter suchen deshalb immer öfter Hundetrainer auf, um den Problemen entgegenzuwirken.

Natürlich lässt sich über Training und Erziehung, vorausgesetzt der Hundehalter bringt genügend Geduld und Durchhaltevermögen mit sich, „hinbiegen“. Jedoch beeinflussen -neben der Lernerfahrung- viele weitere Faktoren das Verhalten unserer geliebten Vierbeiner.

Einer dieser Faktoren ist die Ernährung. Um diesen Zusammenhang zu erkennen, kann man sich ein ganz einfaches und plakatives Beispiel vor Augen führen. Die Nahrung liefert -wie bei uns Menschen auch- bekanntlich die nötige Energie, um zu überleben. Mangelt es an Nahrung, fehlt auch die Energie und Bäume werden vermutlich nicht mehr ausgerissen, v.a. dann nicht, wenn man bereits am Hungertuch nagt. So weit soll es bei unseren Haushunden aber gar nicht erst kommen.

Natürlich gibt es aber noch viele weitere z.T. sehr komplexe Mechanismen, wie die Nahrung das Verhalten unserer Hunde positiv, wie auch negativ beeinflussen kann. Mittlerweile ist sogar bekannt, dass die Ernährung (neben anderen Faktoren) in der Lage ist, die Vererbung bestimmter Gene oder besser gesagt Genmuster zu beeinflussen. Das nennt man Epigenetik. Als Züchter hat man es also u.a. in der Hand, oder besser gesagt in der Futterschüssel, welche Gene an die Nachkommen weitergegeben werden.

Kann Futter aggressiv machen?

Interessante Frage. An den bereits erwähnten Beispielen sieht man, dass die Ernährung vieles beeinflusst, an das man im ersten Moment gar nicht wirklich denkt. So können beispielsweise Aggressionsprobleme beim Hund tatsächlich aus einer falschen Fütterung resultieren.

Ein Viertel aller Hunde leidet an Adipositas (=Fettleibigkeit). Bei Senioren sind es sogar 40%. Die zu vielen Kilos wirken sich -ebenso wie bei uns Menschen- negativ auf den Körper aus. So kann es zu Problemen wie Gelenkschmerzen, Diabetes, Demenz, Tumorerkrankungen, Leber-, Hautproblemen und vieles mehr kommen. Dass sich ein Hund mit Schmerzen anders verhält als ein Hund ohne Schmerzen, leuchtet ein. Ein Hund mit Aggressionsproblemen hat also u.U. einfach „nur“ (Gelenk-)Schmerzen, die von einer falschen oder übermäßigen Fütterung und dem resultierenden Übergewicht herrühren. Ergänzend sei erwähnt, dass übergewichtige Hund im Schnitt 20% kürzer (das sind in etwa 2 Jahre) leben.

Einer Studie von German et al. (2017) zufolge zeigen adipöse Hunde auch öfter Verhaltensauffälligkeiten wie Futterbewachen, -klauen, vermehrtes Bellen, Schnappen und außerhäusliche Ängstlichkeit im Vergleich zu normal-gewichtigen Hunden. Aus zuvor erwähnten Gründen ist es deshalb wichtig, auf die Figur des Hundes zu achten. Auch, wenn er noch so traurige Kulleraugen und den berühmt-berüchtigten Dackelblick aufsetzt.

Die Ursachen bei Aggressionsproblemen sind vielfältig. So kann z.B. auch ein Mangel an Tryptophan (eine Aminosäure, die wiederum Grundbaustein für Proteine=Eiweiß ist) Ursache für aggressives Verhalten sein. Tryptophan kommt in vielen Lebensmittel vor, konkurriert im Körper jedoch oft mit anderen Aminosäuren, weshalb es manchmal trotz Tryptophan-reicher Kost zu einem Mangel kommen kann. Tryptophan ist eine Vorstufe des Serotonins. Serotonin ist bekannt als „Glückshormon“. Es sorgt also für ein ausgeglichenes Verhalten und gute Laune und hemmt demnach Aggression und Impulsivität, weshalb ein Tryptophanmangel auch Ursache für Hyperaktivität bei Hunden sein kann.

Gerade der Mais wird in diesem Zusammenhang oft negativ zitiert. Er beinhaltet wenig Tryptophan, dafür viel Tyrosin (auch eine Aminosäure, die mit Tryptophan im Körper konkurriert), welches die Serotonin-Bildung -einfach gesagt- hemmt. Aus diesem Grund sollte man bei unsicheren oder gestressten Hunden, sowie bei Hunden mit Aggressions- oder Impulskontrollstörungen auf die übermäßige Gabe von Mais verzichten.

Auch das Füttern von Kohlehydraten in Form von Getreide (Weizen, Dinkel, Hafer, etc.) kann bei Hunden, die an Epilepsie, Diabetes, Krebs oder Gelenkerkrankungen erkrankt sind, negativen Einfluss haben und zu einem Unwohlsein und in weiterer Folge zu Verhaltensproblemen führen.

 

Geht’s dem Darm gut, geht’s dem Hund gut

Der Darm ist für die Verdauung und die Aufnahme aller nötigen Nährstoffe zuständig. Der Darm unterteilt sich in Dünn- und Dickdarm. Im Dünndarm wird der vorverdaute Nahrungsbrei aus dem Magen in weitere Bestandteile zerteilt. Kohlehydrate werden in kleinere Zuckermoleküle (Monosaccharide) und Proteine in Aminosäuren zerlegt, während Fette emulgiert und Fettsäuren abgespalten werden, um in weiterer Folge über die Darmschleimhaut in den Blutkreislauf zu gelangen. Im Dickdarm leben viele Mikroorganismen, die die Verdauung des Hundes unterstützen. Sie verdauen für den Hund unverdauliche, meist pflanzliche Bestandteile.

Sidefact: Bei Pflanzenfressern findet man deutlich mehr Darmbakterien vor. Bei Wiederkäuern hat sich im Laufe der Evolution sogar ein eigener Magen (der Pansen) entwickelt, der reich an Bakterien ist, um pflanzliche Bestandteile bestens verdauen und verwerten zu können.

Eine falsche Fütterung oder auch die Gabe von Antibiotikum, welches leider gern und viel zu schnell bei Durchfallerkrankungen eingesetzt wird, kann zu einer Dysbiose (=Ungleichgewicht der Darmflora) führen. Antibiotika töten, wie der Name bereits sagt (“anti”= “gegen”, “bio”=”Leben”, also “gegen das Leben”), Keime und Bakterien ab. Dabei werden jedoch nicht nur bösartige, sondern auch gutartige Bakterien abgetötet. Und so beginnt der Teufelskreis, wenn man verabsäumt den Darm wieder zu „sanieren“.

Die Darmflora übt -genau wie beim Menschen- einen gewissen Einfluss auf den Gesundheitsstatus aus. Kommt es zum Ungleichgewicht, kann dies zu Verstopfung, Blähungen, chronischen Entzündungen oder -wer hätte das geahnt- Durchfall führen. Deswegen scheint es auch irgendwie paradox, wenn man Antibiotika gegen Durchfall verabreicht. Was natürlich nicht heißen soll, dass es in bestimmten Fällen nicht nötig und sinnvoll ist.

Es geht aber noch weiter. Eine Dysbiose kann sich auch auf andere Organe auswirken. So wird bei einem Ungleichgewicht das Immunsystem, die Reproduktionsorgane, Knochen, Leber, Nieren und vieles mehr beeinflusst. In weitere Folge entstehen Stress und Unruhe, was wiederum Einfluss auf das Verhalten hat. Letztendlich beißt sich die Katze -oder der Hund- in den Schwanz, weil sich Stress wiederum auf den Magen-Darm-Trakt, das Immunsystem und weitere Organe auswirkt. So kann auch ein sehr gestresster Hund (z.B. aufgrund von Schlafmangel oder Überforderung) ebenfalls Magen-Darm-Probleme entwickeln.

Außerdem können Stress und andere Faktoren die Darmschranke stören. Im Normalfall selektiert die Darmwand zwischen Stoffe, die in den Blutkreislauf gelangen dürfen und Stoffe oder auch Erreger, die es nicht dürfen. Wird diese Schranke gestört, treten nun plötzlich Substanzen wie z.B. Giftstoffe, Bakterien, aber auch nicht vollständig verdaute „Nahrungsmoleküle“ in den Blutkreislauf ein, die dort nichts zu suchen haben. Man spricht hier auch vom „Leaky-Gut-Syndrom“ (zu Deutsch: „löchriger Darm“). Das Immunsystem wird aktiviert und die Folgen können Entzündungen und/oder überschießende Reaktionen wie Allergien, Hautprobleme oder Juckreiz sein. Nicht selten kommt es vor, dass juckende Ohren „lediglich“ das Symptom eines gestörten Darms sind. Das Eintropfen der Ohren hilft daher nur bedingt, da die eigentliche Baustelle (nämlich der Darm) vergessen wird.

Wie wichtig eine gesunde Darmflora ist, zeigt auch ein Versuch an Labormäusen, bei dem ein Zusammenhang zwischen entzündlichen Darmerkrankungen und psychiatrischen Symptomen wie Angst, Depression und Stress gefunden werden konnte (Thomann et al. 2020). Studien von Jenkins et al. (2018) deuten außerdem darauf hin, dass die Mikrobiota (also die Darmbakterien im Darm) mit der Nasenleistung von Hunden in Verbindung stehen.

Diese und weitere Befunde zeigen auf, wie wichtig es ist, die Darmflora in Gleichgewicht zu halten. Eine artgerechte, bedarfsdeckende Ernährung kann dazu beitragen. Ebenso wie ein bewusstes Zuführen von Darmbakterien und Ballaststoffen v.a. dann, wenn bereits (Magen-Darm-)Problematiken vorhanden sind. Darmbakterien (=Probiotika) kann man beispielsweise in Form von Nahrungsergänzungen aktiv zuführen. Am Markt finden sich bereits viele Produkte (sowohl für Mensch als auch Tier). Auch über fermentierte Nahrung kann man aktiv Darmbakterien zufügen, z.B. über Buttermilch oder rohes Sauerkraut (Lactobacillen). Gekocht würden die gewünschten Darmbakterien abgetötet werden.

Vergessen sollte man nicht, dass Darmbakterien auch Nahrung benötigen, um zu überleben und im Darm arbeiten zu können. In fertigen Präparaten (z.B. WauWau von Littlepaw) sind die sogenannten Präbiotika (= Nahrung für Probiotika) z.B. in Form von Inulin bereits vorhanden. Aktiv kann man Präbiotika in Form von Ballaststoffen wie z.B. Leinsamen-, Flohsamenschrot, Nüsse, Samen oder Gemüse zufüttern. Wenn der Magen-Darm-Trakt bereits sehr beleidigt ist, können auch Zusätze wie Heilmoor, Heilerde, Vitalpilze (z.B. Hericium oder Chaga) oder Heilkräuter für zusätzliche Unterstützung sorgen.

Die Darmsanierung kurz zusammengefasst:

  1. Probiotika (=Darmbakterien) zufüttern (am besten nüchtern) wie z.B.:
  2. Präbiotika (=Ballaststoffe = Futter für die Darmbakterien) ins Futter integrieren:
    • Leinsamenschleim = eingeweichter Leinsamenschrot
    • Flohsamenschalen
    • Chiasamen
    • Nüsse
    • Samen
    • Kerne
    • Heucobs
  3. Zusätze für Magen-Darm:
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Fazit

Das Thema Hundeernährung ist riesig. Allein die Anzahl an Futtermittel, die es am Markt zu kaufen gibt, sind mittlerweile nicht mehr überschaubar. Vermutlich auch ein Indiz dafür, dass die Ernährung des Hundes auch bei Hundehaltern immer mehr in den Fokus rückt, als es noch vor einigen Jahren; wo Essensreste und Co am Speiseplan des Hundes standen, der Fall war.

Tatsache ist, dass die Ernährung neben anderen Faktoren, Einfluss auf das Verhalten unserer Hunde ausübt. Sowohl positiv als auch negativ. Das lässt sich nicht abstreiten. Ebenso kann man durch eine gezielte Fütterung und etwaige Nahrungsergänzung, das Verhalten aber auch gezielt in eine gewünschte Richtung lenken. Anmerken möchte ich, dass es keine Wunderpille der Welt schaffen wird, den Hund quasi auf „Knopfdruck“ ruhig zu stellen oder was auch immer man sich gerade für ein Verhalten vom eigenen Hund wünscht. Jedoch ist eine artgerechte und v.a. typgerechte (= an den individuellen Hund angepasste) Ernährung, gepaart mit einem tierschutzkonformen Training sicherlich eine tolle und auch zielführende Kombination, um Verhaltensprobleme in den Griff zu bekommen.

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Autor - Renate Ploder

Renate ist studierte Verhaltensbiologin, akademisch geprüfte Kynologin, sowie tierschutzqualifizierte Hundetrainerin. Mit ihrem Wissen hilft sie Hundehalter im Umgang mit ihrem Hund weiter. Eine positive und tierschutzkonforme Herangehensweise ist ihr dabei besonders wichtig.

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